WDR Interview mit AHIM6

WDR Interview mit AHIM6

Bei einem illegalen Autorennen im April 2015 stirbt die 19-jährige Miriam S.: Zwei junge Männer liefern sich ein spontanes Rennen auf dem Auenweg in Köln-Deutz. Einer der Wagen schleudert bei Tempo 95 aus der Kurve und trifft Miriam, die auf dem Radweg unterwegs ist, tödlich. 

Während Miriam schwerverletzt im Gebüsch liegt, kümmern sich die beiden nicht um sie. Als die Polizei eintrifft, sind ihnen vor allem ihre teuren Autos wichtig. Erst Jahre später wird das erste Mal eine direkte Entschuldigung an die Eltern vonseiten des einen Täters verlesen. Haben die Täter keine Reue? 

Unsere Host Sarah beschäftigt sich im Zuge dieses Falls mit dem Phänomen Raser und versucht herauszufinden, was die Raser-Szene antreibt. Dafür hat sie sich mit Ahi getroffen. Ahi steht in diesem Interview stellvertretend für die Tuning-Szene und macht deutlich, dass nicht alle Tuner automatisch Raser sind.

Interview:

Sarah: Und was ich mich jetzt frage: Wenn Miriams Geschichte das Ergebnis sein kann, warum rasen Leute dann überhaupt in getunten Autos? Darüber möchte ich jetzt mit Ahi sprechen. Tuning ist seine große Leidenschaft. Er ist zwar selbst kein Raser, aber er kennt die Szene. Das ist Ahis Baby Nummer eins, wie er sagt, sein BMW M6, den er seit Jahren tunt. In sein Auto investiert er viel Zeit und Geld. Warum tunst du dein Auto? Was ist da die Faszination hinter  bei dir?
Ahi: "Ich kann heute behaupten, dass es meinen M6, den ich jetzt habe, nur einmal auf der Welt gibt. Es gibt halt keinen, der so ist wie meiner.  Und das alles hat den Ursprung in meinem Kopf, wie ich das halt haben will, um  das alles so umzusetzen, dass man am Ende eben so ein fertiges Produkt, also sein Auto hat,  was man sein eigenes Werk nennen kann. Das ist für mich eben das, was mich auch  stolz macht. Weil das jetzt so ein personalisiertes Einzelstück  ist, was es halt sonst nirgendwo gibt."
Sarah: Wie so ein Kunstwerk eigentlich? 
Ahi: "Genau.  Also man könnte es quasi mit Kunst vergleichen."
Sarah: Sobald Ahi etwas an seinem  Kunstwerk nicht mehr gefällt, wird das Auto wieder getunt. Mittlerweile  hat er schon einen fünfstelligen Betrag ausgegeben und nach jeder Änderung geht es  zum TÜV zur Anmeldung. Aber Ahi weiß auch: Nicht alle in der Tuner-Szene sind da so  sorgfältig und halten sich an die Regeln. Und ein krasses Problem sind eben Raser. Weißt du, warum Leute das dann im Stadtverkehr zum Beispiel machen?  Also blenden die in dem Moment die Probleme einfach aus?
Ahi: "Ich kann  mich da auch nicht so ganz rein versetzen. Das ist halt wahrscheinlich einfach so ein  Adrenalinkick wie bei einem Extremsportler. Der sucht halt diesen Adrenalinschub und im  Stadtverkehr kann ich es ehrlich gesagt nicht nachvollziehen, weil wenn man sich selbst  gefährdet, dann ist es ja deine eigene Sache. Aber im Stadtverkehr gefährdest du ja auch andere.  So ein Auto ist eigentlich wie eine Waffe, wenn man das so sieht."
Sarah: Merkst du das auch, wenn du auf Tuner-Treffen mit Leuten redest, dass du manchmal denkt: Ah, ich glaube, du  unterschätzt ein bisschen was dein Auto kann?
Ahi: "Also die unterschätzen nicht nur das Auto, sondern  die überschätzen ihre Fahrkünste, weil es kann halt immer mal was passieren. Es  braucht nur einen Augenblick, es braucht nur eine eine Millisekunde. Wenn das Auto einmal richtig ausbricht, dann fängst du das nicht mehr. Und auch erfahrene Rennsport-Fahrer, die bauen ja auch mal Unfälle. Bei denen ist das aber ok, weil es auf der Rennstrecke ist. Aber wenn dir das in der Stadt passiert und dann kommt jemand ums Leben, dann... Da gibt es halt keine Entschuldigung mehr."
Sarah: Nervt dich das, dass du da, sage ich mal, aufgrund des Aussehens, aufgrund des Looks  in so eine Schublade gesteckt wirst von den Leuten?
Ahi: "Du willst gar nicht wissen,  was ich mir schon alles anhören musste. 'Der ist nur auf Aufmerksamkeit aus', wegen der Farbe.  'Schwuchtel BMW' wurde das Auto schon genannt. Dann 'Poser', 'Raser', was weiß ich. Also alles was dazugehört. Nur weil das jetzt halt ein hoch motorisiertes Auto ist, was es aber so zu kaufen gibt. Also es hat ja seine Daseinsberechtigung auf dem Markt, aber nur  weil man ein übermotorisiertes Auto hat, heißt ja nicht, dass man es auch mit überhöhter  Geschwindigkeit im Stadtverkehr fährt. Und das ist eben auch mein Ding, ein bisschen in den sozialen Medien rüberzubringen: Nicht jeder, der so ein Auto hat, ist halt ein Idiot. Also das Auto an sich, das kann ja gar nichts dafür. Es ist vielmehr der Mensch, der hinterm  Steuer sitzt das Problem. Darum geht es."  
Sarah: Nicht alle Leute, die fette Autos haben,  sind unbedingt Raser und Leute wie Ahi werden in eine Schublade gesteckt, in die  sie vielleicht gar nicht rein gehören. Aber man muss auch sagen, Raserunfälle sind  keine Einzelfälle. Im Jahr 2015 ist nicht nur Miriam in Köln gestorben, innerhalb weniger  Monate waren es gleich drei Menschen.   
Quelle: Youtube, WDR Lokalzeit MordOrte